Mehrfachfirmierung bei interprofessionellen Gesellschaften mbH
Sowohl Steuerberatern als auch Wirtschaftsprüfern u nd Rechtsanwälten steht die Möglichkeit der Berufsausübung und der beruflichen Zusammenarbeit in einer GmbH offen. Die GmbH kann dann als Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- oder Rechtsanwaltsgesellschaft firmieren oder eine Mehrfachfirmierungen führen. Nachfolgend soll die Berufsrechtsproblematik in den bei Mehrfachfirmierung entstehenden Mischformen dieser Zusammenschlüsse dargestellt werden.
Die als Steuerberatungsgesellschaft und Rechtsanwaltsgesellschaft firmierende GmbH
Gem. § 49 Abs. 1 StBerG ist es zulässig, Steuerbera tungsgesellschaften in verschiedenen Rechtsformen, auch in Form einer GmbH, zu gründen. Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften können nach § 50a StB erG sein: Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte und niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, in der Gesellschaft tätige Personen, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter nach § 50 Abs. 3 StBerG genehmigt worden ist, oder Steuerberatungsgesellschaften. Möglich ist somit die kooperative Zusammenarbeit vo n Rechtsanwälten und Steuerberatern in einer Steuerberatungs-GmbH. Denkbar ist jedoch nicht nur die Aufnahme von Rechtsanwälten in der Steuerberater-GmbH, sondern auch die gemeinsame Berufsausübung in einer als Rechtsanwaltsgesellschaft- und Steuerberatergesellschaft firmierenden GmbH. Die Folge eines solchen Zusammenschlusses ist, dass die Mitglieder dieser Gesellschaft sowohl den in der BRAO als auch im StBerG normierten Erfordernissen Rechnung tragen müssen (Kraus/Senft, in: Sozietätsrecht: Handbuch für rechts-, steuer- und wirtschaftsprüfende Gesellschaften, 2000, § 18 Rdn. 2). Bei Rechtskollisionen der Berufsrechte findet das jeweils strengere Berufsrecht Anwendung (zum Prinzip der Meistbelastung vgl. Henssler, WPK-Mitt. 1999 S.2; K uhls/Meurers/Maxl/Schäfer-Goez, § 56 StBerG Rdn. 66). Die kumulative Anwendung des Berufsrechts beider Berufsgruppen führt zu einer Begrenzung der Handlungsmöglichkeit sämtlicher Soziien auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der berufsrechtlichen Bestimmungen. Die Zusammenarbeit ist danach zulässig, wenn mehr als 50% der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte Rechtsanwälten zustehen . Außerdem muss mindestens die Hälfte der Geschäfts führer die Steuerberaterqualifikation aufweisen (§ 50 Abs. 1 S tBerG). Dies hat zur Folge, dass zumindest ein als Steuerberater und Rechtsanwalt qualifizierter Geschäftsführer der GmbH angehören muss, damit die personellen Anforderungen erfüllt werden können.
Die als Wirtschaftsprüfergesellschaft und Rechtsanwaltsgesellschaft firmierende GmbH
Die gemeinsame Berufsausübung von Wirtschaftsprüfen ist in § 44b WPO geregelt. Gemäß dieser Vorschrift dürfen Wirtschaftsprüfer ihren Beruf mit natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften, die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr.3 StP O haben, örtlich und überörtlich in Gesellschaften bürgerlichen Rechts (Sozietäten) gemeinsam ausüben. In den §§ 27 ff. WPO werden die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft normiert. Nach der Anerkennung wird die Gesellschaft selbst Wirtschaftsprüfer und kann zum Abschlussprüfer bestellt werden. Das ergibt sich au s § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB, §§ 32, 56 Abs. 1, 58 Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 2 WPO, die festlegen, dass die Gesellschaft zum Abschlussprüfer bestellt werden und einen Bestätigungsvermerk erteilen kann, sie selbst den Berufspflichten sowie der Berufsaufsicht unterliegt . Gesellschafter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dürfen gem. § 28 Ab s. 4 WPO ausschließlich Angehörige bestimmter Berufe sein. Der Kreis der zulässigen Gesellschafter ist in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WPO abschließend aufgezählt. Es handelt sich um Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, welche die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 WPO erfüllen, oder in der Gesellschafttätige vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, oder Personen , mit denen eine gemeinsame Berufsausübung nach § 44b Abs. 2 WPO zulässig ist, oder Personen, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter nach § 44 Abs.2 oder 3 genehmigt worden ist. Zulässige Gesellschafter i.S.v. § 28 Abs. 4 Satz1 N r. 1 WPO können ihre Anteile auch gemeinschaftlich halten. Die Höhe der jeweiligen Beteiligung an der WP-Gesellschaft bestimmt sich nach der Beteiligung an dieser BGB-Gesellschaft. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 28 Abs. 4 Satz 2 WPO darf die BGB-Gesellschaft nur den Zweck haben, die Anteile an dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu halten. Als zulässige Gesellschafter gelten weiterhin Stift ungen und eingetragene Vereine, wenn sie ausschließlich der Altersversorgung von in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätigen Personen und deren Hinterbliebenen dienen oder die Berufsausbildung, Berufsfortbildung oder die Wissenschaft fördern und die zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe mehrheitlich aus Wirtschaftsprüfern bestehen (§ 28 Abs. 4 Satz 3 WPO). Zu beachten ist dabei aber, dass diese "Ausnahmegesellschafter" nicht als Wirtschaftsprüfer gelten und daher nicht Mehrheitsgesellschafter sein können (WP-Handb uch, Bd. I, Rdn. 120.). Bei einer Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft gelten die Berufsrechte wie bei der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft nebeneinander. Das jeweils strengere Recht genießt Vorrang. Verbindet man die Anforderung der BRAO mit denjenigen des § 28 Abs. 2 Satz 3 WPO, dann bedeutet dies, dass eine kooperative interprofessionelle Berufsausübung zwischen Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern derzeit nur bei Mehrfachqualifikation eines Teils der Gesellschafter und Geschäftsführer zulässig ist. Besitzt zumindest ein Gesellschafter eine Mehrfachqualifikation, so genügt bei jeweils gleichen Geschäftsanteilen und Stimmrechten im Übrigen Parität. Da es nur auf die Mehrheit der Stimmrechte und Geschäftsanteile, nicht aber auf die Gesellschafterzahl ankommt, kann ein einziger mehrfachqualifizierter Gesellschafter durch eine entsprechende Verteilung der Stimmrechte und Geschäftsanteile auch bei jeder anderen personellen Zusammensetzung des Gesellschafterkreises die Zulassungsvoraussetzungen sicherstellen. Gegebenenfalls müssen ihm 50,01% der Stimmrechte und Anteile übertragen werden (Henssler, in: Henssler/Streck, Handbuch des Sozietätsrechts, S. 715 Rdn. 203 E.)
Die als Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft firmierende GmbH
Da die WPO den Kreis der zulässigen Gesellschafter gem. § 28 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WPO weiter als das StBerG zieht, sind die unterschiedlichen berufsrechtlichen Vorschriften miteinander abzustimmen (Kraus/Senft, a.a.O., § 18 Rdn. 5.). Damit beiden Vorschriften Genüge getan wird, gilt diejenige, die schärfere Anforderungen stellt, also § 50a Abs.1 Nr. 1 StBerG. Deshalb kommen als Gesellschafter ausschließlich Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte der besonders befähigte Personen mit einer anderen Ausbildung in Betracht ( vgl. I.1.). Während das Steuerberatungsgesetz nur bei dem zuletzt genannten Personenkreis ein Tätigkeitsgebot statuiert, fordert die Wirtschaftsprüferordnung von jedem Gesellschafter eine aktuell ausgeübte Tätigkeit in der Gesellschaft (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WPO). Diese Maßgabe gilt damit für die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft insgesamt (Kraus/Senft, a.a.O., § 18 Rdn. 5). Wirtschaftsprüfungsgesellschaften können sich zwar nicht an Steuerberatungsgesellschaften beteiligen, die Beteiligung an einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist aber möglich (§ 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG, § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr.1 WPO). Steuerberatungsgesellschaften können sich zwar an anderen Steuerberatungsgesellschaften nicht aber an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beteiligen. Um wiederum den schärferen Anforderungen des StBerG gerecht zu werden, ist eine Beteiligung der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder auch einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auszuschließen. Möglich ist die Zusammenarbeit von Rechtsanwälten in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierauf sind die berufsrechtlichen Einschränkungen der §§ 27 ff. WPO und §§ 49 ff. StBerG, nicht jedoch die an die Zulässigkeit der Anwalts-GmbH gestellten Anforderungen anwendbar, denn es handelt sich gerade nicht um eine Rechtsanwalts-GmbH.
Die Steuerberatungs-, Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH
Möglich ist auch eine Zusammenarbeit von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern in einer (Drei-Bänder-)Gesellsch aft. Eine GmbH könnte als "Rechtsanwaltsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH" firmieren und eine entsprechende Zusammenarbeit dokumentieren. Andererseits wirft diese Kooperationsform noch höhere Schwierigkeiten auf. Die Gesellschaft muss in diesen Fällen allen betroffenen Berufsrechten genügen. Div ergieren die öffentlich-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen, so muss, wie bereits vor stehend erörtert wurde, das jeweils strengste Berufsrecht beachtet werden. Das Prinzip der Meistbelastung, also der Anwendung des jeweils strengsten Berufsrechts, ist für die Tätigkeitsbereiche in § 45 Abs. 3 BRAO deutlich weiter gefasst als in § 57 Abs. 2 StBerG o der in § 43 Abs. 2 WPO (Zuck, Anwalts- GmbH, 1999, Einl. Rdn. 35.) § 57 Abs. 2 Satz 1 StBerG sieht vor, dass sich Steuerberater und Steuerbevollmächtigte jeder Tätigkeit zu enthalten haben, die mit ihrem Beruf o der mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar sind. Gleiches gilt nach § 43 Abs. 2 Satz 1 WPO für den Wirtschaftsprüfer. Gem. § 45 Abs. 3 BRAO gelten die Tätigkeitsverbote auch für die mit dem Anwalt in Sozietät oder in sonstiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen oder verbunden gewesenen Anwälte. Neben der GbR sind alle Formen gemeinschaftlicher Berufsausübung einbezogen, also die Partnerschaftsgesellschaften, die EWIV, die freie oder in abhängiger Stellung erbrachte Mitarbeit, auch die Bürogemeinschaft, soweit sie über die bloße gemeinschaftliche Nutzung sachlicher Arbeitsmittel hinausgeht, und die Anwalts-GmbH (Henssler/Prütting, BRAO, § 45 Rdn. 39).
Folgen der kumulativen Geltung der Berufsrechte
Wie oben aufgezeigt wurde, ist eine gleichberechtig te Zusammenarbeit der genannten Berufsgruppen bei Mehrfachfirmierung nicht möglich. Zwar hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Berufsrechte der verschiedenen sozietätsfähigen Berufe Mehrheitserfordernisse für die jeweilige Berufsgruppe vorsehen, so dass eine sinnvolle und praktikable Zusammenarbeit in der Gesellschaftsform einer GmbH nur bei Mehrfachqualifikationen der Gesellschafter möglich ist. Gleiches gilt hinsichtlich des Postulats der verantwortlichen Führung der Gesellschaft. Diese Behinderung wurde jedoch offensichtlich für unbedenklich gehalten. Bei Verbindung der Anforderungen der BRAO mit denjenigen des StBerG sowie denjenigen der WPO, bedeutet indes, dass eine interprofessionelle Berufsausübung ausschließlich bei Wahrung der Mehrheitserfordernisse durch Mehrfachqualifizierung möglich ist.
Beurteilung der Rechtslage
Die derzeit geltenden Regelungen zur interprofessio nellen Zusammenarbeit sind sehr unbefriedigend gelöst und deshalb abzulehnen. Zu befürworten wäre vielmehr eine völlige Aufgabe der Mehrheitserfordernisse in den entsprech enden Berufsrechten bei entsprechender Mehrfachfirmierung. Nur wenn die Gesellschaft isoliert als Steuerberatungsgesellschaft, Rechtsanwaltsgesellschaft oder als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auftritt, erscheint es auch sachgerecht, dass die namensgebende Gruppe zumindest den Großteil der Gesellschafter und Organmitglieder stellt. Wenn die Mehrfachqualifizierung aber in der Firmierung zum Ausdruck gebracht wird, verlieren die Mehrheitserfordernisse ihren Sinn. Ausgehend von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Beraterberufe erscheint deshalb eine Freigabe der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zwischen den drei Berufsgruppen sachgerecht. Diskutiert wird der Wunsch nach einer gleichberecht igten Zusammenarbeit derzeit sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern. Allerdings wird in naher Zukunft noch nicht mit einer Änderung zu rechnen sein. Die Schwierigkeit eine Änderung herbeizuführen resultiert auch aus europarechtlichen Vorgaben. Geändert werden müsste zunächst die Achte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie 84/253/EWG v. 10.4.1984. Diese schreibt in Art. 2 Abs. 1 b) ii) vor, dass in zugelassenen Prüfungsgesellschaften die Mehrheit der Stimmrechte im Besitz von natürlichen Personen oder Prüfungsgesellschaften, die mindestens die in Art. 3 bis 19 genannten Vorausset zungen erfüllen, sein müssen. Nach Art. 5 und 8 der Richtlinie müssen die geeigneten Personen neben einem theoretischen Nachweis der für Pflichtprüfungen erforderlichen Kenntnisse auch eine mindestens dreijährige praktische Ausbildung vorweisen. Rechtsanwälte erfüllen diese Voraussetung regelmäßig nicht. Aufrgund der europaweiten Diskussion um die Zulassung der sog. "multidisciplinary partnerships" erscheint eine Änderung der Richtlini e allerdings nicht ausgeschlossen.
Beratungskonsequenzen
Die Reglementierungen der jeweils anderen Berufsrechte führen zu einer weiteren Eingrenzung des ohnehin schon begrenzten Gesellscha fterkreises bei einer interprofessionellen Zusammenarbeit und Mehrfachfirmierung. Wird eine gleichberechtigte berufliche Zusammenarbe it der genannten Berufsgruppen angestrebt und soll diese auch nach außen durch Meh rfachfirmierung zum Ausdruck gebracht werden, bedarf es einer genauen Analyse in welchen Fällen dies zulässig ist. Zu prüfen wird auch sein, ob die Gesellschafter die mit der Mehrfa chfirmierung einhergehenden berufsrechtlichen Einschränkungen durch kumulative Geltung mehrerer Berufsordnungen hinnehmen wollen.
StBerG § 49
StBerG § 50
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