Kündigt der Insolvenzverwalter den Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers der Schuldnerin (GmbH), ohne dass beiderseits weitere Erklärungen abgegeben wurden, so ist der Anspruch des gekündigten Geschäftsführers auf Karenzentschädigung aus einem vertraglichen Wettbewerbsverbot keine Masseschuld. BGH, Beschluss v. vom 08.10.2009 - IX ZR 61/06

Das Problem:

I ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen einer GmbH, für die G früher als Geschäftsführer tätig war. G nimmt I u.a. auf Zahlung einer Karenzentschädigung in Anspruch. Das LG hat der Klage bzgl. der Karenzents chädigung stattgegeben. Das OLG hat den Anspruch abgelehnt, da I nicht die Erfüllung der Wettbewerbsabrede gewählt habe und § 55 Abs. 2 Nr. 2 InsO somit nicht einschlägig war. A uch § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei entgegen der Rechtsansicht des LG nicht anwendbar. Die Kündigung des Anstellungsvertrags mit G diente allein der Abwicklung dieses bereits von der  Schuldnerin begründeten Rechtsverhältnisses. Auch die Wettbewerbsabrede hatten der Kläger und die Schuldnerin getroffen, wenn auch dergestalt, dass der Entschädigungsanspruch von der Beendigung des Dienstvertrags abhängen sollte. Die Kündigung sein icht dazu geeignet, der Masse etwas zuzuführen.

Entscheidung:

Der BGH hat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung  der Revision zurückgewiesen.

Kein Masseanspruch auf Karenzentschädigung

G hat keinen Masseanspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung. Die Kündigung des Dienstvertrags hat die hier umstrittene Wettbewerbs abrede nicht erst begründet mit der Folge, dass die verlangte Entschädigung als Masseschuld gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu behandeln sein könnte. Dieser Anspruch wurzelt vielmehr in de m Anstellungsvertrag zwischen G und der Schuldnerin. Die Kündigung des Anstellungsvertrags gem. § 113 In sO schließt eine Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters für die dadurch ausgelöste Wett bewerbsabrede nach § 103 InsO nicht aus. Das Risiko, Erfüllungsansprüche auf Karenzentschädigung nicht gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gegen die Masse durchsetzen zu können, trifft den gekündigten Dienstnehmer wie jeden Vertragspartner des Schuldners nach § 103 InsO. Den  §§ 75, 75a HGB ist nichts zu entnehmen, wonach sie § 103 InsO verdrängen könnten .

 

Beratungskonsequenzen

 

Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO werden nach Insolvenzeröffnung begründet. Darin liegt der Unterschied zu den Masse verbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, die auf gegenseitigen Verträgen beruhen, die vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner abgeschlossen waren. Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO können nur durch Geschäftsführungsmaßnahmen des Insolvenzverwalters entstehen, die darauf abzielen, der Insolvenzmasse etwas zuzuführen; davon abzugrenzen sind Handlungen des Insolvenzverwalters, die allein der Abwicklung dem Grunde nach bei Verfahrenseröffnung bestehender Rechtsbeziehungen dienen. Aus § 103 Abs . 1 InsO ergibt sich das Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Ist ein gegenseitiger Vertrag zurzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter gem. § 103 Abs. 1 In sO anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Diese Regelung gilt auch für vertra gliche Wettbewerbsverbote.

 

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BGH, Beschluss v. 08.10.2009 - IX ZR 61

Gesellschaftsrecht
27.07.2018
RA/FAArbR Marion Leising, Ludwigsburg
 
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