Eine Leistungsklage gegen den Insolvenzverwalter auf Zahlung der Abfindung aus einem nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vereinbarten Sozialplan ist unzulässig. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift hat für Sozialplanansprüche keine Bedeutung.

Sachverhalt:

K war bei der Schuldnerin, über deren Vermögen am 01.02.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, beschäftigt. Der zum Insolvenzverwalter bestellte I zeigte am 07.02.2007 Masseunzulänglichkeit an. Er vereinbarte mit dem Betriebsrat am 13.02.2007 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus dem Sozialplan steht dem K, dessen Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 30.06.2007 beendet worden ist, eine Abfindung i.H.v. EURO 18.061,48 zu.

K nahm im Wege der Leistungsklage I auf Zahlung der Abfindung in Anspruch und begehrte hilfsweise die Feststellung des Abfindungsanspruchs. Er machte geltend, dass das Vollstreckungsverbot des § 123 Abs. 3 S. 2 InsO der Zulässigkeit der Leistungsklage nicht entgegensteht. Das Vollstreckungsverbot beziehe sich auf Altmasseverbindlichkeiten, die

Sozialplanforderung sei jedoch eine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
I hat unter Berufung auf die Vollstreckungsverbote Klageabweisung beantragt mit der Begründung, dass die Vollstreckungsverbote des § 123 Abs. 3 S. 2 InsO sowie § 210 InsO entgegenstehen. Er bestreite den Anspruch des K nicht, vielmehr würde er als Insolvenzverwalter die Forderung aus dem Sozialplan nach Maßgabe der Insolvenzordnung berücksichtigen.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Urteil:

Forderungen aus einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan sind gem. § 123 Abs. 2 S. 1 InsO Masseverbindlichkeiten, die nach § 53 InsO vorweg zu befriedigen sind. § 123 Abs. 3 S. 2 InsO bestimmt jedoch, dass eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung unzulässig ist. Dies gilt auch für Ansprüche auf Zahlung eine Abfindung aus einem vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit abgeschlossenen Sozialplan.

§ 123 Abs. 2 S. 2 und 3 InsO setzen eine relative Obergrenze für Sozialplanansprüche. Danach darf außer in den Fällen des Zustandekommens eines Insolvenzplans für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne den Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung steht. Wird diese Grenze überschritten, sind die einzelnen Sozialplanforderungen anteilig zu kürzen. Erst wenn alle anderen Masseverbindlichkeiten berichtigt sind, kann die Höhe der Sozialplanansprüche festgestellt werden, denn erst dann lässt sich ein Drittel aus der fiktiven Teilungsmasse berechnen. Daraus folgt, dass im Fall der Masseunzulänglichkeit keine Sozialplanansprüche bestehen. Solche Ansprüche sind lediglich letztrangige Masseforderungen, die bei der Verteilung nach § 209 InsO keine Rolle spielen.

Auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist unzulässig: Sozialplanansprüche können nur mit der Feststellungsklage verfolgt werden, wenn dem Recht des Gläubigers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Insolvenzverwalter das Recht des Gläubigers bestreitet.

Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor und somit fehlt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, weil I den Sozialplananspruch des K weder dem Grund noch der Höhe nach in Frage stellt.

Beraterhinweis:

Sozialplanansprüche sind im Streitfall im Wege der Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen. Sie sind nicht zur Tabelle anzumelden und festzustellen.
Bei Sozialplanansprüchen ist darauf zu achten, dass trotz der Einordnung als Masseforderung eine Zwangsvollstreckung in die Masse nach § 123 Abs. 3 S. 2 InsO unzulässig ist. Daher ist auch die Leistungsklage aufgrund des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es ist vielmehr Feststellungsklage zu erheben. Die erfolgreiche Geltendmachung setzt allerdings ein Feststellungsinteresse voraus.

Arbeitsrecht
15.04.2010
Marion Leising, Ludwigsburg
Quelle: BAG, Urt. v. 21.1.2010 – 6 AZR 785/08 InsO § § 209, 210, § 123 Abs. 2, § 123 Abs. 3 S. 2, § 53
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